Hände weg vom Ikea-Kunden (11.09.2003 – Tagesspiegel)

Vergleich im Streit zwischen Haus-Spediteur und Möbel-Taxi (von Rainer W. During)

„Streitest Du noch oder lebst Du schon“, so konnte man gestern den Werbespruch des „unmöglichen“ Möbelhauses Ikea abwandeln. Und hinzufügen: Man lebt schon. Am Mittwoch beendete das Landgericht den Streit zwischen dem Ikea-Spediteur Iwanter und Claus Seide, der seit Mai vor der Möbelhaus-Filiale in Spandau die Dienste seines Möbel-Taxis anbietet – was Ikea untersagen wollte. Aber daraus wurde nichts. Die Richter beendeten den Fall mit einem Vergleich. Danach darf sich Seide, der seit Mai vor dem Spandauer Ikea-Haus Soforttransporte vermittelt, weiter Möbel-Taxi nennen. Seine Fahrer dürfen aber keine Kunden mehr mitnehmen. Im Gegenzug sicherte Iwanter zu, das Ikea-Gelände nicht mehr mit Halteverbotsschilder zu pflastern, die den Konkurrenten verdrängen. Außerdem untersagt das Gericht beiden Parteien das Anfassen von Kunden und deren Transportwagen. In der Vergangenheit hatte man offenbar bisweilen Hand angelegt, um potenzielle Kunden auf den „richtigen“ Weg zu bringen. Auch die unaufgeforderte Ansprache möglicher Auftraggeber ist beiden Spediteuren jetzt verboten. Sie müssen ihre Werbezettel künftig stumm verteilen und nur auf Fragen antworten.

Obwohl der Iwanter-Anwalt den Fall als „wirtschaftlich unwichtig“ bezeichnete, hatte man den neuen Konkurrenten gleich in einem guten Dutzend von Punkten vor den Kadi gezerrt. Doch bei seiner Werbung hatte Seide bereits wettbewerbsrechtlich nachgebessert. Und neben dem Handy hat er jetzt auch einen Firmensitz im Bürogebäude gleich gegenüber der Elche. „Sie müssen sich nicht lieben lernen, aber zueinander Verständnis finden“, gab der Richter den Kontrahenten mit auf den Weg. Seides Anwalt will jetzt auch auf Rücknahme des Hausverbots durch Ikea drängen.

Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/haende-weg-vom-ikea-kunden/447052.html

Der Zorn der Elche (19.08.2003 – Tagesspiegel)

Ein Selbstständiger hilft beim Ikea-Möbel-Transport – und bekommt es mit Ikea zu tun (von Rainer W. During)

Was tun, wenn der Einkauf im „unmöglichen Möbelhaus“ doch einmal größer geworden ist und die Ware nicht in den Kofferraum passt? Eine Frage, die sich schon viele Ikea-Kunden gestellt haben. Dass er an die Partnerspedition des Möbelkonzerns einmal 75 Euro für die acht Kilometer von Spandau nach Tegel zahlen und auch noch Tage auf seine Möbel warten musste, hat Claus Seide geärgert. Jetzt macht er den Transporteuren mit einem eigenen Möbeltaxi Konkurrenz. Und bekommt den Zorn der Elche zu spüren.

Seit Mai vermittelt der ehemalige Messebauer private Spediteure. Sechs selbstständige Unternehmer arbeiten mit ihm zusammen, zwei davon als Ich-AGs. Für eine Pauschale von 35 Euro geht es in alle Westbezirke, nach Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain. Von den Einnahmen kassiert Seide, der mit Handzetteln, Plakaten und einer Website für das Möbeltaxi wirbt, einen Anteil als Vermittler.

Beim Ikea-Konzern und dessen Speditionspartner Iwanter reagierte man sauer. Seide und seine Mitstreiter erhielten Hausverbot. Mit selbst gestrickten Halteverboten und abgestellten Anhängern habe man versucht, die Möbeltaxis zu vertreiben, klagt der 38-Jährige. Jetzt hat er sich gegenüber dem Möbelhaus auf öffentlichem Straßenland postiert. Hier will der Berliner beim Tiefbauamt eine Beladezone für die Fahrzeuge beantragen.

Am Dienstag eskalierte der Streit. Seide musste ein Plakat vom Zaun einer gegenüberliegenden Firma entfernen, weil diese die Zusage zur Vermietung der Werbefläche auf Intervention von Ikea vorerst zurückgenommen hat. Außerdem sei die Zahl seiner Aufträge drastisch zurückgegangen, weil Mitarbeiter von Iwanter potenziellen Kunden erzählt hätten, sie ließen sich mit Schwarzarbeitern ein und würden Arbeitsplätze gefährden. Seide weist die Vorwürfe zurück. Jeder in seinem Team habe eine Gewerbeerlaubnis, und die Transporte seien versichert.

Bei Ikea sieht man die Dinge anders. Kunden würden sich unter Druck gesetzt fühlen, die Möbeltaxis nicht professionell arbeiten, sagt der stellvertretende Hausleiter Tony Bibaoui. Nur beim offiziellen Partner könne Ikea eine korrekte Abwicklung gewährleisten. Bei Iwanter hat man auf die Konkurrenz reagiert und verteilt jetzt selbst Werbezettel. Wenn alle gekauften Waren am Spandauer Lager sind, liefere der offizielle Partner jetzt auch am selben Tag und zum gleichen oder noch niedrigeren Preis, so Bibaoui. Claus Seide will nun sein Angebot um einen Montageservice erweitern.

Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/der-zorn-der-elche/440726.html